Schreibanlässe: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Stadtsprachen
Wechseln zu:Navigation, Suche
Schulz (Diskussion | Beiträge)
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Schulz (Diskussion | Beiträge)
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 20: Zeile 20:
''Welcher generalisierbare Sachverhalt hinter dem jeweiligen historischen Einzelfall motiviert die Abfassung eines Textes, mit dem dann z. B. etwas festgestellt, behauptet, bewirkt oder geregelt werden soll?''
''Welcher generalisierbare Sachverhalt hinter dem jeweiligen historischen Einzelfall motiviert die Abfassung eines Textes, mit dem dann z. B. etwas festgestellt, behauptet, bewirkt oder geregelt werden soll?''


Je nach Komplexität des Textes bieten wir dazu mehrere Substantive für Sprachanlässe pro Text an. Sie sind in der Regel abstrahierend formuliert; der Abstraktionsgrad ist (gegenstandsbedingt) variabel. Überarbeitungen sind geplant.
Je nach Komplexität des Textes bieten wir dazu mehrere Substantive für Sprachanlässe pro Text an. Sie sind in der Regel abstrahierend formuliert; der Abstraktionsgrad ist (gegenstandsbedingt) variabel. Die Reihenfolge der Einträge ist nicht hierarchisch. Überarbeitungen sind geplant.


Genauere Textkenntnis führt zu genaueren Zuordnungen; die Daten werden daher fortlaufend erweitert und korrigiert. Für Hinweise sind wir dankbar.
Genauere Textkenntnis führt zu genaueren Zuordnungen; die Daten werden daher fortlaufend erweitert und korrigiert. Für Hinweise sind wir dankbar.

Version vom 24. April 2024, 08:20 Uhr

Schreibanlässe

Sprache und (weiteres) soziales Handeln stehen in einem unmittelbaren Zusammenhang und überlapppen sich, denn Personen bedienen sich ihrer Sprache, um damit etwas zu erreichen. Für jeden Text gibt es mindestens einen Schreibanlass. Es ist der konkrete historische Sachverhalt, der hinter dem Einzeltext steht und ihn überhaupt erst motiviert hat. Der konkrete Schreibanlass für die Niederschrift eines Texte z. B. am dritten Donnerstag im März des Jahres 1563 kann etwa das Erheben von Geldforderungen mit der Erstellen einer Rechnung sein. Weitere konkrete Schreibanlässe sind für Personen z. B. der Wille zur Markierung des erworbenen Eigentums, die Absicht der rechtssicheren Fixierung einer Absprache oder die dokumentierende Festlegung eines Verfahrens. Auch Lebensumstände (wie etwa Internierung, Auswanderung oder Krankheit) können natürlich konkrete Schreibanlässe darstellen.


In der Sprachwissenschaft

... werden Schreibanlässe (unter anderem in der Soziolinguistik und der Soziopragmatik) als Ursache der Textproduktion und der sprachlichen Variation genau untersucht und ausgewertet, denn die Sprache kann sich je nach Schreibanlass unterscheiden, z. B. in der Wortwahl, der Wahl der Formulierungen und der sprachlichen Handlungsmuster. (Lüdtke (2019): 18; Brommer (2018): 50). Da Sprache in der Regel usuellen Vertextungsmustern auf unterschiedlichen Ebenen (wie der Wortwahl oder des Satzbaus) folgt, werden Schreibanlässe oft abstrahierend zu Typen zusammengefasst.


Die Sprachgeschichtsforschung

... nutzt die Frage nach Schreibanlässen unter anderem für die Untersuchung historischer Personengruppen und ihres Sprachverhaltens sowie für die Untersuchung historischer Textsorten, sprachlicher Variabiulität und Innovation in Texten (vgl. Elspaß (2005), Schiegg (2022)), für die Analyse spezifischer textueller Strukturen (vgl. Lindner (2018)) und für die Rekonstruktion von historischem Sprachhandlungswissen. Auch dabei werden konkrete Schreibanlass-Einzelfälle zu Typen zusammengefasst.


Für „Greifswald Digital”

... erheben wir für die ausgewählten Texte möglichst genau die historischen Schreibanlässe. Wir dokumentieren die historischen Einzelfälle soweit möglich nach Ort und Zeitpunkt der Vertextung. Zusätzlich ordnen wir die einzelnen Texte in aller Vorsicht Typen historischer Schreibanlässe zu. Wir fragen dazu:

Welcher generalisierbare Sachverhalt hinter dem jeweiligen historischen Einzelfall motiviert die Abfassung eines Textes, mit dem dann z. B. etwas festgestellt, behauptet, bewirkt oder geregelt werden soll?

Je nach Komplexität des Textes bieten wir dazu mehrere Substantive für Sprachanlässe pro Text an. Sie sind in der Regel abstrahierend formuliert; der Abstraktionsgrad ist (gegenstandsbedingt) variabel. Die Reihenfolge der Einträge ist nicht hierarchisch. Überarbeitungen sind geplant.

Genauere Textkenntnis führt zu genaueren Zuordnungen; die Daten werden daher fortlaufend erweitert und korrigiert. Für Hinweise sind wir dankbar.



Zitierte Literatur

Sarah Brommer, Sprachliche Muster, Berlin – Boston 2018.

Stefan Elspaß, Sprachgeschichte von unten, RGL. 263, Berlin – Boston 2005.

Bettina Lindner, Medizinische Gutachten des 17. und 18. Jahrhunderts, Berlin – Boston 2018.

Jens Lüdtke, Romanistische Linguistik, Berlin – Boston 2019.

Markus Schiegg, Flexible Schreiber in der Sprachgeschichte. Intraindividuelle Variation in Patientenbriefen (1850–1936), Germanistische Bibliothek 75, Heidelberg 2022.