Sprachhandlungen

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Sprachhandlungen

Sprache und (weiteres) soziales Handeln stehen in einem unmittelbaren Zusammenhang zueinander und überlappen sich, denn Personen bedienen sich ihrer Sprache, um damit etwas zu erreichen: Mit Sprache informieren sie zum Beispiel und behaupten etwas (z. B.: „Stadtsprachen vor Ort ist eine stadtsprachgeschichtliche Wissenplattform”), mit Sprache vereinbaren sie etwas (z. B.: „Okay, dann bis um 12 am Marktplatz!”), mit Sprache verabschieden sie sich (z. B.: „Tschüss!”).

Indem man etwas äußert, handelt man also sprachlich. Solche Sprachhandlungen werden in mündlichen Äußerungen, aber auch schriftlich in einzelnen Äußerungen, in Sätzen und in ganzen Texten realisiert. Beispiele aus dem Bereich der Politik sind etwa: „ein Parlament, ein Komitee, eine Arbeitsgruppe auflösen; ein Votum abgeben; ein Veto einlegen; von einem Amt zurücktreten; jmdn. als Kandidaten nominieren; jmdn. ernennen; jmdn. von einem Amt suspendieren” (Holly 2017: 6).


Die Sprachwissenschaft

... beschäftigt sich schon lange und in diversen Teildisziplinen (wie z. B. der Textlinguistik, der Diskurslinguistik, der Gesprächsforschung, der Soziolinguistik und der Pragmatik) intensiv mit Sprachhandlungen, die sie auf gesprochene und geschriebene Sprache und auf Äußerungen, Gespräche, Sätze und auf Texte bezieht (vgl. von Polenz 1980: 12–15; Feilke 2000: 64–82). Sprachhandlungen folgen "konventionellen Regeln" und können daher von Sprachteilnehmerinnen und -teilnehmern identifiziert werden (Steinbauer 1989: 44). Textsorten werden nicht selten als "konventionell geltende Muster für komplexe sprachliche Handlungen" beschrieben (vgl. Brinker 2010: 136).


In der Sprachgeschichtsforschung

... ist die Betrachtung von Sprachhandlungen fest verankert: Die Analyse historischer sprachlicher Handlungen und ihrer Typisierungen spielt in der Beschreibung, Analyse und Interpretation historischer Texte (und Textsorten) eine große Rolle (vgl. Schuster 2019: 226; Steinbauer 1989: 44). Jüngere Monographien untersuchen intensiv das Spannungsfeld zwischen kollektivem und individuellem sprachlichen Handeln, beispielsweise in historischen Patientenbriefen (vgl. Schiegg 2022).


Für „Historische Stadtsprachen vor Ort”

... ordnen wir die ausgewählten Texte in aller Vorsicht historischen Sprachhandlungen zu. Wir fragen dazu:
Was will ein Akteur z. B. auslösen, bewirken, fixieren oder erreichen, indem er sprachlich kommuniziert?

Je nach Komplexität des Textes bieten wir dazu mehrere Sprachhandlungsverben pro Text an. Sie sind in der Regel abstrahierend formuliert; der Abstraktionsgrad ist (gegenstandsbedingt) variabel. Auch aus unserer Sicht nachgeordnete oder unsichere Sprachhandlungen führen wir auf. Überarbeitungen sind geplant. Die Reihenfolge der Einträge ist nicht hierarchisch.

Genauere Textkenntnis führt zu genaueren Zuordnungen; die Daten werden daher fortlaufend erweitert und korrigiert. Für Hinweise sind wir dankbar.



Zitierte Literatur

Brinker, K. (2010). Linguistische Textanalyse: Eine Einführung in Grundbegriffe und Methoden (7. Aufl.). Berlin: Erich Schmidt Verlag.

Feilke, H. (2000). Die pragmatische Wende der Textlinguistik. In K. Brinker, G. Antos, W. Heinemann & S. F. Sager (Hrsg.), Text- und Gesprächslinguistik (S. 64–82). Berlin – Boston: de Gruyter.

Holly, W. (2017). Sprachhandlung und Sprachhandlungsmuster. In K. S. Roth, M. Wengeler, A. Ziem & W. Holly (Hrsg.), Handbuch Sprache in Politik und Gesellschaft (S. 3–21). Berlin – Boston: de Gruyter.

von Polenz, P. (1980). Wie man über Sprache spricht. Mannheim – Wien – Zürich: Dudenverlag.

Schiegg, M. (2022). Flexible Schreiber in der Sprachgeschichte: Intraindividuelle Variation in Patientenbriefen (1850–1936) (Germanistische Bibliothek, Bd. 75). Heidelberg: Winter.

Schuster, B.-M. (2019). Sprachgeschichte als Geschichte von Texten. In J. A. Bär, A. Lobenstein-Reichmann & J. Riecke (Hrsg.), Handbuch Sprache in der Geschichte (S. 219–240). Berlin – Boston: de Gruyter.

Steinbauer, B. (1989). Rechtsakt und Sprechakt: Pragmalinguistische Untersuchungen zu deutschsprachigen Urkunden des 13. Jahrhunderts (Innsbrucker Beiträge zur Kulturwissenschaft. Germanistische Reihe, Bd. 36). Innsbruck: Institut für Sprachwissenschaft der Universität Innsbruck.