Texttypen

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Texttypen

Im Laufe unseres Lebens haben wir ein Textwissen aufgebaut: Dadurch können wir z. B. gleich nach dem Öffnen eines Briefs vermuten, dass es sich um eine Rechnung handelt. Wir erkennen, ohne zu lesen, dass in der Zeitung ein Gedicht abgedruckt ist. Wir wissen (ungefähr), wie man eine Mail schreibt, eine Kontaktanzeige aufsetzt oder eine Einkaufsliste verfasst. Textwissen bezieht sich auf Regularitäten und sprachliche Muster von Texttypen und -sorten.


In der Sprachwissenschaft

... werden Texte mit gemeinsamen sprachlichen Merkmalen (z. B. in der Text- und Diskurslinguistik) als Texttypen und Textsorten erforscht. Die Untersuchung von Einzeltexten und ihre Zuordnung zu einer Textsorte oder zu mehreren Textsorten ist lohnend, denn dadurch lassen sich komplexe Muster sprachlicher Kommunikation und die kollektiv verfügbaren sprachlichen Realisierungen kommunikativer Bedürfnisse von Sprecherinnen und Sprechern aufdecken (vgl. Metzler-Lexikon Sprache: 708f.; Brinker – Cölfen – Pappert (2018)).


Die Sprachgeschichtsforschung

... nutzt die Untersuchung von Textsorten und Texttypen seit langem intensiv, denn sie stellen (mehr oder weniger) serielle textuelle Lösungen für historische kommunikative Problemstellungen und Schreibanlässe dar. Anhand von Textsorten wie Brief, Testament, Rechnung, Rezept oder Schuldschein verfolgt sie unter anderem das Aufkommen und die Veränderung von Textsorten und ihren sprachlichen Mustern sowie ihre Nutzung durch sprachliche Experten und Laien. Sie hat auch das Verschwinden von einzelnen Textsorten aus der historischen Lebenswelt (vgl. Schuster (2019): 219–240) im Blick. Sie untersucht schließlich die Aufdeckung des Spannungsverhältnisses zwischen sprachlicher Individualität und Variation und dem Befolgen von sprachlichen Musterhaftigkeiten im Sinne einer Modellierung "„sprachliche[r] Möglichkeitsräume historischer Schreiberinnen und Schreiber” (vgl. Schiegg (2022): 4).


Für „Greifswald Digital”

... weisen wir die ausgewählten Texte in aller Vorsicht historischen Texttypen zu. Wir fragen dazu:

Welcher (seriellen, musterhaften) Realisationsform zusammenhängender Einheiten geschriebener Sprache lässt sich das einzelne historische Schriftzeugnis zuordnen?

Je nach Komplexität des Textes bieten wir dazu mehrere Substantive für Texttypen pro Text an. Sie sind in der Regel abstrahierend formuliert; der Abstraktionsgrad ist (gegenstandsbedingt) variabel. Überarbeitungen sind geplant.

Wir weisen die Texte außerdem (in Anlehnung an die Kategorisierung im Referenzkorpus ReN, vgl. https://www.slm.uni-hamburg.de/ren/korpus/korpusdesign.html) folgenden Feldern der Schriftlichkeit zu:

Verwaltung

Verwaltung

Recht und Urkunden

Wissensvermittlung

Geistliche Schriftlichkeit (Religion)

Literatur

Private Schriftlichkeit und Korrespondenz

Inschriften

Sonstiges


Genauere Textkenntnis führt zu genaueren Zuordnungen; die Daten werden daher fortlaufend erweitert und korrigiert. Für Hinweise sind wir dankbar.




Zitierte Literatur

Klaus Brinker – Hermann Cölfen – Steffen Pappert, Linguistische Textanalyse, Berlin 2018.

Metzler-Lexikon Sprache. Hg. v. Helmut Glück – Michael Rödel, 5. A. Stuttgart 2016.

Markus Schiegg, Flexible Schreiber in der Sprachgeschichte. Intraindividuelle Variation in Patientenbriefen (1850–1936), Germanistische Bibliothek 75, Heidelberg 2022.

Britt-Marie Schuster, Sprachgeschichte als Geschichte von Texten, in: Handbuch Sprache in der Geschichte. Hg. von Jochen A. Bär – Anja Lobenstein-Reichmann – Jörg Riecke, Berlin – Boston 2019, S. 219–240.